Lang lang ist's her und wir haben schon erste besorgte Nachfragen bis hin zu offenen Missfallensäußerungen über uns ergehen lassen müssen. Wir bleiben im Trend des Zeitgeistes und beugen uns dem Druck der Straße, wir hoffen, demnächst auch Gaddafi davon überzeugen zu können.
Was ist also passiert in letzter Zeit, warum wäre Maiken gern kopflos und wieso nehmen wir uns die Leser zum Vorbild und schreiben selbst kaum mehr etwas?
Was uns in Mexiko widerfahren ist, liegt mir inzwischen zu lange zurück. Maiken hatte ja in ihrem letzten Beitrag ein wenig darüber geschrieben und natürlich ging die Reise noch weiter in Mexiko. Aber nicht lange nach der Begegnung mit dem Schweizer Professor, der sich mit seiner aufgeschlossen freundlichen Art tief in unser Herz gebohrt hat, überquerten wir die Landesgrenze nach Guatemala. Beim Grenzübergang haben wir erst einmal Bekanntschaft mit den Tramitadores gemacht, die es an jeder Grenze in Mittelamerika zu geben scheint. Junge Männer, die einem freundlicherweise bei den Grenzformalitäten helfen möchten, wenn man neben den Gebühren für den Eintritt nach Guatemala (Disneyland kostet schließlich auch) noch ein paar Scheine übrig hat. Sobald die Jungs sehen, dass wir mit unserem Ami-Kennzeichen die Bühne betreten, kommt der Sieger im Massensprint als erstes an unsere Fenster und bietet seine Hilfe an. Nee, brauchen wir alles nicht, können ja spanisch und haben genug Geduld, ein paar mal zwischen Senor Sanchez vom Zoll und Senora Valdez von der Migracion zu pendeln, um verschiedenste Stempel in unterschiedlichen Farben zu holen. Dazu ein paar Kopien, mal von der Zulassung, mal vom Pass, mal vom frisch gestempelten Pass, manchmal auch alles, und schon sind wir durch. In Guatemala waren wir mit ca. 1,5 Stunden durchschnittlich lange beschäftigt. Länger und chaotischer war übrigens der unglaubliche Grenzübergang von Nicaragua nach Costa Rica, bei dem das "System" vorsieht, sich einen auf dem Motorrad in der Gegend herumfahrenden Beamten zu suchen. Zwischen 12 und 1 geht außerdem gar nix, da ist Mittagspause und die Grenze daher zu.
Danach ging es nach Quetzaltenango, oder Xela, wie es im lokalen Slang heißt - und damit auch in dem der Backpacker, denn keiner ist so tief in der Kultur eines Landes verwurzelt wie ein Reisender mit Wolfskin Jacke und Deuter Rucksack. Wir brauchten für den Weg allerdings etwas länger als erwartet, da unser Motor so heiß wurde, dass wir eine Rauchwolke hinter uns herzogen, die dichter war als der Nebel, durch den wir uns bewegten. Also wir in mini Mechaniker Klitsche, die haben da 5 Stunden dran rumgearbeitet, ein paar Schläuche ausgetauscht, uns 8 Euro und einen Becher Kaffee abgeknöpft und uns wieder fahren lassen.
In Xela war das Wetter scheiße, sorry für's Abdriften in die Fäkalsprache, aber es hat wirklich ständig geregnet und war verdammt kalt. Unter diesen widrigen Umständen mussten wir uns eine Beschäftigung suchen und haben uns dafür entschieden, eine Woche die Schulbank zu drücken. Eins-zu-Eins Spanisch Unterricht für 5 Tage á 5 Stunden. In der Zeit konnte Maiken lernen, wie man im Plusquam-Perfekt das Konditional anwendet und ich, wie man ein Bier bestellt. Maiken konnte auch noch lernen, warum der Ehemann ihrer Lehrerin ein Idiot ist und sie ihn lieber gar nicht geheiratet hätte. Immerhin hat sie ihr diese Themen auf spanisch anvertraut und unter Conversacion verbucht. Viel haben wir sonst in der Woche nicht gemacht. Direkt vor Beginn des Unterrichts wollten wir einen Ausflug machen, aber auf halbem Weg blieb der Wagen liegen, irgendein Problem mit den Achsen und der Kupplung. Aus dem ersten Auto, das wir anhielten, saß eine Amerikanerin mit einem Salvadorianer, so dass uns die Schwierigkeiten erspart blieben, unser Problem auf Spanisch zu erklären, die technischen Feinheiten eines Auto fehlen auch Maiken noch. Wir haben es zumindest zurück nach Xela geschafft und unseren Ausflug ins Wasser fallen lassen. Von dem Mechaniker in den Bergen wurden wir beim Preis übers Ohr gehauen, immerhin gab es ein paar Mangos aus seinem Garten mit auf den Weg.
Erwähnenswert ist auf jeden Fall noch unsere Erstbesteigung des Vulkans Santa Maria bei Xela. Die Tour war relativ anstrengend, weil sich zunächst die Abfahrtszeit von 5 Uhr morgens nicht mit unserem Biorhythmus in Einklang bringen ließ. Geht man später los, ziehen allerdings Wolken auf und man verpasst den Blick von der Spitze des Vulkans. Der Aufstieg dauerte knapp 3,5 Stunden und war vor allem wegen der dünner werdenden Luft eine kleine Herausforderung. Mit ein paar Pausen und gekonnter Schnappatmung sind wir aber oben angekommen. Auf dem Weg stanken die Überreste eines toten Pferdes so erbärmlich, dass Maiken nur mit Mühe ihr Frühstück bei sich behielt. Das arme Tier war von einer Gruppe einheimischer Touristen (Achtung, Oxymoron!) mit auf den Aufstieg genommen worden. Und damit man sich oben auch ein bisschen aufhalten kann, haben sie soviel Gepäck auf den Gaul geladen, dass der irgendwann zusammengebrochen ist. Wahrscheinlich haben sich die Spinner am meisten darüber geärgert, dass sie von da an selbst ihr Gepäck tragen mussten. Nun aber von der traurigen Geschichte zurück zum Highlight des Aufstiegs. Oben angekommen, geht man 100 meter auf dem Gipfel entlang, um dann zur Rechten einen Blick auf einen anderen Vulkan zu haben. Der Santiaguito ist deutlich kleiner, ist aber seit einigen Jahren sehr aktiv. So wurden wir Zeuge unseres ersten Vulkanausbruches. Eine riesige Aschewolke stieg aus dem Hauptkrater und den vielen Nebenkanälen auf, untermalt von einem Donnergrollen aus dem Schlund des Berges. Nach 20 Minuten war der Spaß vorbei, der Ausbruch endete und kurz danach hatte sich auch unsere Sicht erledigt, wir standen in den Wolken. Zeit für den Abstieg.
Insgesamt waren wir fast drei Wochen in Xela, maßgeblich wegen der Autoreparatur dort, denn der Mangomechaniker hatte natürlich keine Ersatzteile, sondern nur dafür gesorgt, dass wir irgendwie zurück nach Xela kommen, dort kam dann die richtige Reparatur. Bevor der Beitrag 20 Seiten lang wird, hier die weiteren interessanten Aktionen in Xela in Stichworten (ich schreibe aus Costa Rica, alleine an der Karte könnt ihr sehen, dass ich noch nicht weit bin mit meinem Reisebericht): Wir waren in heißen Quellen, die von einem Vulkan gespeist werden. In zwei davon kann man baden, eine ist einfach zu heiß, ich stand eine Minute bis zum Knöchel drin, mehr ging nicht. Aber sehr schön da. Und zuletzt waren wir noch bei einem (ja, ich weiß, langweilig) VULKANkratersee, auch sehr hübsch, vor allem mit dem Nebel, der sich über dem See und in dem Krater sammelt und dem ganzen eine mystische Atmosphäre verleiht.
In Xela haben wir zwei Australierinnen kennengelernt, Caitlin und Jenni, die sicher mitlesen (Hola a todas!). Sie haben wir hinterher mitgenommen und die neue Besetzung im Bus war deutlich besser als die mit dem Schweizer Professor. Im Endeffekt sind wir mit den Mädels über den Lago Atitlan (siehe Fotos oben) bis nach La Ceiba an der Küste Honduras' gefahren, haben uns dort Spiel 5 von Dallas gegen Miami angeguckt (sollte ich mal einen Sohn haben, heißt er Dirk!) und sind am nächsten Tag nach Utila, einer Insel in der Karibik, übergesetzt. Dort wollten wir eigentlich nur ein paar Tage abhängen und mal Strand und Meer genießen. Dann haben wir aber den Fehler gemacht und sind schnorcheln gegangen. Das Korallenriff war so schön, dass wir uns nicht mehr dem Wunsch entziehen konnten, dort einen Tauchschein zu machen. Nein, ein Fehler war das nicht wirklich, nur ganz billig ist es natürlich nicht, wobei es keinen günstigeren Ort auf der Welt dafür geben soll. In Zukunft dürfen wir bis zu 30 meter runter und werden dies auch tun. Tauchen war ein absolutes Reisehighlight, aber das jetzt alles zu beschreiben, wäre vielleicht ein bisschen lang. Kurz erwähnen muss ich aber doch noch unseren ersten Ausflug ins offene Meer (zuvor waren wir nur für Übungen in Küstennähe in drei meter tiefem Wasser), ansonsten würde die Überschrift dieses Eintrags keinen Sinn machen. Alles wunderschön, wir freuen uns über die Fische und die Zeitlupenwelt um uns herum, da verliert Maiken die Kontrolle über ihren Auftrieb oder ihre Tarierung, wie der Taucher sagt. Wir waren zu diesem Zeitpunkt nur noch 5 meter unter der Wasseroberfläche, da wir kurz danach unseren Sicherheitsstopp machen wollten, um dann aufzutauchen. Debbie, unsere Tauchlehrerin, schwamm die ganze Zeit vor uns und drehte sich gelegentlich zu uns, um zu sehen, ob wir noch hinter ihr sind. Als Maiken ihre Auftriebsprobleme hatte, drehte sie sich zufällig auch gerade um. Sie erkannte, dass Maiken geradewegs aus dem Wasser getrieben worden wäre und entschied sich einzugreifen. An den Flossen zog sie Maiken zurück, damit sie weiter mit uns tauchen konnte und nicht schon vorher auftauchen musste. Im Nachhinein muss man sagen, damit sie weiter unter uns weilt. Denn genau in dem Moment, als Maiken wieder heruntergezogen wurde, schoss direkt über ihrem Kopf ein Motorboot vorbei. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass Debbie ihr das Leben gerettet hat. Während wir das gar nicht so richtig mitbekommen hatten, hatte die arme Debbie während der nächsten Minuten Probleme, ihr Herz in der Brust zu behalten und war hinterher ziemlich aufgelöst. Ihre schlimmste Situation, seit sie Anfang letzten Jahres als Tauchlehrerin angefangen hat. Inzwischen haben wir immerhin gelernt, wie wir unseren Auftrieb besser in den Griff kriegen. Als wir ein paar Tage später bei der Tauchschule ankamen und Debbie ihrem Freund sagte, dass Maiken und Lars jetzt da seien, fragte er nur beiläufig: "Oh, isn't Maiken the girl that wanted to get her head chopped off?"
Die Mädels aus Australien haben dann ein paar Tage vor uns die Insel verlassen. Auf unseren Tipp hin wollten sie das kleine Boot eines Gemüsehändlers nehmen, der beim Kauf frischer Ware vom Festland immer ein paar Touristen mitnimmt. Am Abend vor der Fahrt sagte er ihnen dann allerdings, dass er nicht fahren würde, da ein anderes kleines Boot auf der Strecke entführt wurde und alle fünf Passagiere ermordet wurden. Die Mädels hielten diese Information allerdings nicht für wichtig genug, sie mit uns zu teilen, so dass wir unwissend ein paar Tage später mit dem Miniboot die 1,5 Stunden rüber aufs Festland gefahren sind. Wir hatten eher Angst bei dem hohen Wellengang in unser motorisierten Walnuss zu kentern, an Piraten hatten wir keine Gedanken verschwendet.
Nach der Ankunft auf dem Festland und der Rückeroberung des Short Buses, der 10 Tage bei schrecklichen Menschen übernachten musste, aber das ist jetzt egal, sind wir weitergereist. Im Chinastyle, von mir aus auch Japan, meines Wissens nehmen sich beide Landsleute nicht viel bei ihrem Reiseziel, am Ende mehr Länder als Tage auf dem Reisekonto zu haben. Wir sind jedenfalls am ersten Tag vom Nordosten in den Südwesten Honduras' gefahren, am zweiten Tag in den Süden Nicaraguas, am dritten nach Costa Rica, wo ich jetzt sitze, Maiken mit einem Buch neben mir, schön, dass sie trotz Bootsattacke noch da ist. In Nicaragua mussten wir das erste mal einen Polizisten bestechen. Mit umgerechnet 7 Euro an Bestechungsgeldern mit einem Auto durch Mexiko, Guatemala, Honduras und Nicaragua gekommen zu sein, gleicht einem Wunder. Gefragt wurden wir vorher bereits, haben aber bisher höflich abgelehnt oder uns zur Not solange gestritten, bis es den Polizisten zu viel Arbeit wurde, Geld aus uns zu holen. Diesmal sahen wir keinen Ausweg, da wir schon vorher gehört hatten, dass man in Nicaragua tatsächlich ein Warndreieck und einen kleinen Feuerlöscher im Auto braucht. Der Amtsmann wollte uns dann zur nächsten Bank schicken, unseren Führerschein da behalten und uns bei der Bank gut 20 Euro abdrücken lassen. Wir haben ihm dann umgerechnet 7 Euro widerwillig hingehalten und sind weitergefahren. Vielleicht sollte man erstmal eine Fahrschule einführen, dann braucht man auch den Feuerlöscher nicht ganz so häufig, aber gut, spiele jetzt mal nicht den besserwissenden Deutschen.
Letzte Etappe bisher ist wie gesagt Costa Rica, wir haben die "gefährlichen" Länder Mittelamerikas also gesund hinter uns gelassen. Ich hänge ein paar Fotos vom Nationalpark an, den wir heute besucht haben. Bei folgendem Foto hängt Maiken noch friedlich an ihrer Liane. Ungefähr zwei Sekunden später, wenn überhaupt, sah ich, dass sich eine riesige, also wirklich mal riesige Spinne von der Größe einer Tarantel mit ziemlich hoher Geschwindigkeit von oben auf Maikens Kopf zubewegte. Als sie nach meiner lautstarken Aufforderung weglief, war das Tier noch ca. 3cm von ihrem Kopf entfernt. Ich bin mir sicher, Maiken hätte danach psychologische Betreuung gebraucht, aber so war alles gut.
Ein weiteres Highlight war, dass sich zwei der Faultiere, die wir gesehen haben, tatsächlich bewegten, obwohl sie nur 2 Stunden am Tag wach sind. Unglaublich, diese Zeitlupenbewegung, wenn mal ein Tier seinem Namen gerecht wird, dann das Faultier.
So, jetzt reichts auch langsam mal, zwei kurze Infos noch für alle Interessierten: Verschiffungspartner haben wir inzwischen gefunden, um mit unserem Wagen die Dschungel- und Sumpflandschaft des Darien Gap zu umfahren, so sparen wir ein wenig Geld und kommen am 5 Juli in Kolumbien an. Und noch der Grund für unsere wenigen Einträge: Wir haben einen Job gefunden, mit dem wir im Internet ein wenig Geld hinzuverdienen können. Daher haben wir öfter mal Sachen geschrieben, für die wir bezahlt werden. Hier machts aber mehr Spaß, bald kommt sicher mal wieder was Neues. Fühlt euch gegrüßt, gedrückt, geküsst, sucht euch eins aus und dann bis zum nächsten Mal!
Tschüß
P.s.: Nachdem Maiken den Bericht eben gelesen hat, meinte sie, er klinge ein wenig negativ. Das liegt bestimmt an der Auswahl einiger Themen wie gierigen Beamten, chaotischen Grenzen, schlechtem Wetter, mordenden Piraten und so weiter. Irgendwie kann ich das sogar nachvollziehen. Daher möchte ich noch kurz schreiben, dass nicht nur unsere Zeit weiterhin und vor allem in den letzten Wochen ganz fantastisch war, sondern auch die Menschen, die wir treffen. Immer wieder sind es kleine Begegnungen, nette Gespräche, tolle Gesten (die Grenzbeamtin der besten Grenze nach Honduras hat uns nach kurzem Gespräch über unsere Reise eine riesige Melone mit auf die Reise gegeben), die unseren Urlaub zu einem besonderen Erlebnis machen.
Was ist also passiert in letzter Zeit, warum wäre Maiken gern kopflos und wieso nehmen wir uns die Leser zum Vorbild und schreiben selbst kaum mehr etwas?
Was uns in Mexiko widerfahren ist, liegt mir inzwischen zu lange zurück. Maiken hatte ja in ihrem letzten Beitrag ein wenig darüber geschrieben und natürlich ging die Reise noch weiter in Mexiko. Aber nicht lange nach der Begegnung mit dem Schweizer Professor, der sich mit seiner aufgeschlossen freundlichen Art tief in unser Herz gebohrt hat, überquerten wir die Landesgrenze nach Guatemala. Beim Grenzübergang haben wir erst einmal Bekanntschaft mit den Tramitadores gemacht, die es an jeder Grenze in Mittelamerika zu geben scheint. Junge Männer, die einem freundlicherweise bei den Grenzformalitäten helfen möchten, wenn man neben den Gebühren für den Eintritt nach Guatemala (Disneyland kostet schließlich auch) noch ein paar Scheine übrig hat. Sobald die Jungs sehen, dass wir mit unserem Ami-Kennzeichen die Bühne betreten, kommt der Sieger im Massensprint als erstes an unsere Fenster und bietet seine Hilfe an. Nee, brauchen wir alles nicht, können ja spanisch und haben genug Geduld, ein paar mal zwischen Senor Sanchez vom Zoll und Senora Valdez von der Migracion zu pendeln, um verschiedenste Stempel in unterschiedlichen Farben zu holen. Dazu ein paar Kopien, mal von der Zulassung, mal vom Pass, mal vom frisch gestempelten Pass, manchmal auch alles, und schon sind wir durch. In Guatemala waren wir mit ca. 1,5 Stunden durchschnittlich lange beschäftigt. Länger und chaotischer war übrigens der unglaubliche Grenzübergang von Nicaragua nach Costa Rica, bei dem das "System" vorsieht, sich einen auf dem Motorrad in der Gegend herumfahrenden Beamten zu suchen. Zwischen 12 und 1 geht außerdem gar nix, da ist Mittagspause und die Grenze daher zu.
Danach ging es nach Quetzaltenango, oder Xela, wie es im lokalen Slang heißt - und damit auch in dem der Backpacker, denn keiner ist so tief in der Kultur eines Landes verwurzelt wie ein Reisender mit Wolfskin Jacke und Deuter Rucksack. Wir brauchten für den Weg allerdings etwas länger als erwartet, da unser Motor so heiß wurde, dass wir eine Rauchwolke hinter uns herzogen, die dichter war als der Nebel, durch den wir uns bewegten. Also wir in mini Mechaniker Klitsche, die haben da 5 Stunden dran rumgearbeitet, ein paar Schläuche ausgetauscht, uns 8 Euro und einen Becher Kaffee abgeknöpft und uns wieder fahren lassen.
In Xela war das Wetter scheiße, sorry für's Abdriften in die Fäkalsprache, aber es hat wirklich ständig geregnet und war verdammt kalt. Unter diesen widrigen Umständen mussten wir uns eine Beschäftigung suchen und haben uns dafür entschieden, eine Woche die Schulbank zu drücken. Eins-zu-Eins Spanisch Unterricht für 5 Tage á 5 Stunden. In der Zeit konnte Maiken lernen, wie man im Plusquam-Perfekt das Konditional anwendet und ich, wie man ein Bier bestellt. Maiken konnte auch noch lernen, warum der Ehemann ihrer Lehrerin ein Idiot ist und sie ihn lieber gar nicht geheiratet hätte. Immerhin hat sie ihr diese Themen auf spanisch anvertraut und unter Conversacion verbucht. Viel haben wir sonst in der Woche nicht gemacht. Direkt vor Beginn des Unterrichts wollten wir einen Ausflug machen, aber auf halbem Weg blieb der Wagen liegen, irgendein Problem mit den Achsen und der Kupplung. Aus dem ersten Auto, das wir anhielten, saß eine Amerikanerin mit einem Salvadorianer, so dass uns die Schwierigkeiten erspart blieben, unser Problem auf Spanisch zu erklären, die technischen Feinheiten eines Auto fehlen auch Maiken noch. Wir haben es zumindest zurück nach Xela geschafft und unseren Ausflug ins Wasser fallen lassen. Von dem Mechaniker in den Bergen wurden wir beim Preis übers Ohr gehauen, immerhin gab es ein paar Mangos aus seinem Garten mit auf den Weg.
Erwähnenswert ist auf jeden Fall noch unsere Erstbesteigung des Vulkans Santa Maria bei Xela. Die Tour war relativ anstrengend, weil sich zunächst die Abfahrtszeit von 5 Uhr morgens nicht mit unserem Biorhythmus in Einklang bringen ließ. Geht man später los, ziehen allerdings Wolken auf und man verpasst den Blick von der Spitze des Vulkans. Der Aufstieg dauerte knapp 3,5 Stunden und war vor allem wegen der dünner werdenden Luft eine kleine Herausforderung. Mit ein paar Pausen und gekonnter Schnappatmung sind wir aber oben angekommen. Auf dem Weg stanken die Überreste eines toten Pferdes so erbärmlich, dass Maiken nur mit Mühe ihr Frühstück bei sich behielt. Das arme Tier war von einer Gruppe einheimischer Touristen (Achtung, Oxymoron!) mit auf den Aufstieg genommen worden. Und damit man sich oben auch ein bisschen aufhalten kann, haben sie soviel Gepäck auf den Gaul geladen, dass der irgendwann zusammengebrochen ist. Wahrscheinlich haben sich die Spinner am meisten darüber geärgert, dass sie von da an selbst ihr Gepäck tragen mussten. Nun aber von der traurigen Geschichte zurück zum Highlight des Aufstiegs. Oben angekommen, geht man 100 meter auf dem Gipfel entlang, um dann zur Rechten einen Blick auf einen anderen Vulkan zu haben. Der Santiaguito ist deutlich kleiner, ist aber seit einigen Jahren sehr aktiv. So wurden wir Zeuge unseres ersten Vulkanausbruches. Eine riesige Aschewolke stieg aus dem Hauptkrater und den vielen Nebenkanälen auf, untermalt von einem Donnergrollen aus dem Schlund des Berges. Nach 20 Minuten war der Spaß vorbei, der Ausbruch endete und kurz danach hatte sich auch unsere Sicht erledigt, wir standen in den Wolken. Zeit für den Abstieg.
Insgesamt waren wir fast drei Wochen in Xela, maßgeblich wegen der Autoreparatur dort, denn der Mangomechaniker hatte natürlich keine Ersatzteile, sondern nur dafür gesorgt, dass wir irgendwie zurück nach Xela kommen, dort kam dann die richtige Reparatur. Bevor der Beitrag 20 Seiten lang wird, hier die weiteren interessanten Aktionen in Xela in Stichworten (ich schreibe aus Costa Rica, alleine an der Karte könnt ihr sehen, dass ich noch nicht weit bin mit meinem Reisebericht): Wir waren in heißen Quellen, die von einem Vulkan gespeist werden. In zwei davon kann man baden, eine ist einfach zu heiß, ich stand eine Minute bis zum Knöchel drin, mehr ging nicht. Aber sehr schön da. Und zuletzt waren wir noch bei einem (ja, ich weiß, langweilig) VULKANkratersee, auch sehr hübsch, vor allem mit dem Nebel, der sich über dem See und in dem Krater sammelt und dem ganzen eine mystische Atmosphäre verleiht.
Bergsteiger aus der Sprachschule |
Santiaguito beim Ausbruch |
Blick beim Aufstieg |
Hochland |
Typ im Jogger |
Caitlin, don't fall!! |
Gefährliche Bergziege |
Wir und die Locals - ein eingespieltes Team |
Begleitung beim Abstieg |
Überladen |
Ach, wat het wi lacht |
Regenzeit |
Lago Atitlan |
Rikshas |
Vulkan |
Million Miles away from Home |
Nickerchen |
In Xela haben wir zwei Australierinnen kennengelernt, Caitlin und Jenni, die sicher mitlesen (Hola a todas!). Sie haben wir hinterher mitgenommen und die neue Besetzung im Bus war deutlich besser als die mit dem Schweizer Professor. Im Endeffekt sind wir mit den Mädels über den Lago Atitlan (siehe Fotos oben) bis nach La Ceiba an der Küste Honduras' gefahren, haben uns dort Spiel 5 von Dallas gegen Miami angeguckt (sollte ich mal einen Sohn haben, heißt er Dirk!) und sind am nächsten Tag nach Utila, einer Insel in der Karibik, übergesetzt. Dort wollten wir eigentlich nur ein paar Tage abhängen und mal Strand und Meer genießen. Dann haben wir aber den Fehler gemacht und sind schnorcheln gegangen. Das Korallenriff war so schön, dass wir uns nicht mehr dem Wunsch entziehen konnten, dort einen Tauchschein zu machen. Nein, ein Fehler war das nicht wirklich, nur ganz billig ist es natürlich nicht, wobei es keinen günstigeren Ort auf der Welt dafür geben soll. In Zukunft dürfen wir bis zu 30 meter runter und werden dies auch tun. Tauchen war ein absolutes Reisehighlight, aber das jetzt alles zu beschreiben, wäre vielleicht ein bisschen lang. Kurz erwähnen muss ich aber doch noch unseren ersten Ausflug ins offene Meer (zuvor waren wir nur für Übungen in Küstennähe in drei meter tiefem Wasser), ansonsten würde die Überschrift dieses Eintrags keinen Sinn machen. Alles wunderschön, wir freuen uns über die Fische und die Zeitlupenwelt um uns herum, da verliert Maiken die Kontrolle über ihren Auftrieb oder ihre Tarierung, wie der Taucher sagt. Wir waren zu diesem Zeitpunkt nur noch 5 meter unter der Wasseroberfläche, da wir kurz danach unseren Sicherheitsstopp machen wollten, um dann aufzutauchen. Debbie, unsere Tauchlehrerin, schwamm die ganze Zeit vor uns und drehte sich gelegentlich zu uns, um zu sehen, ob wir noch hinter ihr sind. Als Maiken ihre Auftriebsprobleme hatte, drehte sie sich zufällig auch gerade um. Sie erkannte, dass Maiken geradewegs aus dem Wasser getrieben worden wäre und entschied sich einzugreifen. An den Flossen zog sie Maiken zurück, damit sie weiter mit uns tauchen konnte und nicht schon vorher auftauchen musste. Im Nachhinein muss man sagen, damit sie weiter unter uns weilt. Denn genau in dem Moment, als Maiken wieder heruntergezogen wurde, schoss direkt über ihrem Kopf ein Motorboot vorbei. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass Debbie ihr das Leben gerettet hat. Während wir das gar nicht so richtig mitbekommen hatten, hatte die arme Debbie während der nächsten Minuten Probleme, ihr Herz in der Brust zu behalten und war hinterher ziemlich aufgelöst. Ihre schlimmste Situation, seit sie Anfang letzten Jahres als Tauchlehrerin angefangen hat. Inzwischen haben wir immerhin gelernt, wie wir unseren Auftrieb besser in den Griff kriegen. Als wir ein paar Tage später bei der Tauchschule ankamen und Debbie ihrem Freund sagte, dass Maiken und Lars jetzt da seien, fragte er nur beiläufig: "Oh, isn't Maiken the girl that wanted to get her head chopped off?"
Die Mädels aus Australien haben dann ein paar Tage vor uns die Insel verlassen. Auf unseren Tipp hin wollten sie das kleine Boot eines Gemüsehändlers nehmen, der beim Kauf frischer Ware vom Festland immer ein paar Touristen mitnimmt. Am Abend vor der Fahrt sagte er ihnen dann allerdings, dass er nicht fahren würde, da ein anderes kleines Boot auf der Strecke entführt wurde und alle fünf Passagiere ermordet wurden. Die Mädels hielten diese Information allerdings nicht für wichtig genug, sie mit uns zu teilen, so dass wir unwissend ein paar Tage später mit dem Miniboot die 1,5 Stunden rüber aufs Festland gefahren sind. Wir hatten eher Angst bei dem hohen Wellengang in unser motorisierten Walnuss zu kentern, an Piraten hatten wir keine Gedanken verschwendet.
Im Büro |
Blick vom Balkon auf unsere Tauchschule |
Shakira, so der Name der kleinen Maus |
Greta chillt in der Karibik |
Lion Fish: Die darf man töten, machen alles kaputt |
Tequila-Liebhaber uner sich. So sieht Jennimaus aus nach der Tequilataufe! |
Isabella und Vanessa |
Der Lebensretter |
Ivan, el terrible |
Homies unterm Balkon |
Fische |
Die Lebensretterin: Debbie! |
Diver unter sich |
Nach der Ankunft auf dem Festland und der Rückeroberung des Short Buses, der 10 Tage bei schrecklichen Menschen übernachten musste, aber das ist jetzt egal, sind wir weitergereist. Im Chinastyle, von mir aus auch Japan, meines Wissens nehmen sich beide Landsleute nicht viel bei ihrem Reiseziel, am Ende mehr Länder als Tage auf dem Reisekonto zu haben. Wir sind jedenfalls am ersten Tag vom Nordosten in den Südwesten Honduras' gefahren, am zweiten Tag in den Süden Nicaraguas, am dritten nach Costa Rica, wo ich jetzt sitze, Maiken mit einem Buch neben mir, schön, dass sie trotz Bootsattacke noch da ist. In Nicaragua mussten wir das erste mal einen Polizisten bestechen. Mit umgerechnet 7 Euro an Bestechungsgeldern mit einem Auto durch Mexiko, Guatemala, Honduras und Nicaragua gekommen zu sein, gleicht einem Wunder. Gefragt wurden wir vorher bereits, haben aber bisher höflich abgelehnt oder uns zur Not solange gestritten, bis es den Polizisten zu viel Arbeit wurde, Geld aus uns zu holen. Diesmal sahen wir keinen Ausweg, da wir schon vorher gehört hatten, dass man in Nicaragua tatsächlich ein Warndreieck und einen kleinen Feuerlöscher im Auto braucht. Der Amtsmann wollte uns dann zur nächsten Bank schicken, unseren Führerschein da behalten und uns bei der Bank gut 20 Euro abdrücken lassen. Wir haben ihm dann umgerechnet 7 Euro widerwillig hingehalten und sind weitergefahren. Vielleicht sollte man erstmal eine Fahrschule einführen, dann braucht man auch den Feuerlöscher nicht ganz so häufig, aber gut, spiele jetzt mal nicht den besserwissenden Deutschen.
Letzte Etappe bisher ist wie gesagt Costa Rica, wir haben die "gefährlichen" Länder Mittelamerikas also gesund hinter uns gelassen. Ich hänge ein paar Fotos vom Nationalpark an, den wir heute besucht haben. Bei folgendem Foto hängt Maiken noch friedlich an ihrer Liane. Ungefähr zwei Sekunden später, wenn überhaupt, sah ich, dass sich eine riesige, also wirklich mal riesige Spinne von der Größe einer Tarantel mit ziemlich hoher Geschwindigkeit von oben auf Maikens Kopf zubewegte. Als sie nach meiner lautstarken Aufforderung weglief, war das Tier noch ca. 3cm von ihrem Kopf entfernt. Ich bin mir sicher, Maiken hätte danach psychologische Betreuung gebraucht, aber so war alles gut.
Das Lachen vergeht dir schon noch |
Ein weiteres Highlight war, dass sich zwei der Faultiere, die wir gesehen haben, tatsächlich bewegten, obwohl sie nur 2 Stunden am Tag wach sind. Unglaublich, diese Zeitlupenbewegung, wenn mal ein Tier seinem Namen gerecht wird, dann das Faultier.
Im Dschungel |
Faultier |
Spinne |
So, jetzt reichts auch langsam mal, zwei kurze Infos noch für alle Interessierten: Verschiffungspartner haben wir inzwischen gefunden, um mit unserem Wagen die Dschungel- und Sumpflandschaft des Darien Gap zu umfahren, so sparen wir ein wenig Geld und kommen am 5 Juli in Kolumbien an. Und noch der Grund für unsere wenigen Einträge: Wir haben einen Job gefunden, mit dem wir im Internet ein wenig Geld hinzuverdienen können. Daher haben wir öfter mal Sachen geschrieben, für die wir bezahlt werden. Hier machts aber mehr Spaß, bald kommt sicher mal wieder was Neues. Fühlt euch gegrüßt, gedrückt, geküsst, sucht euch eins aus und dann bis zum nächsten Mal!
Tschüß
P.s.: Nachdem Maiken den Bericht eben gelesen hat, meinte sie, er klinge ein wenig negativ. Das liegt bestimmt an der Auswahl einiger Themen wie gierigen Beamten, chaotischen Grenzen, schlechtem Wetter, mordenden Piraten und so weiter. Irgendwie kann ich das sogar nachvollziehen. Daher möchte ich noch kurz schreiben, dass nicht nur unsere Zeit weiterhin und vor allem in den letzten Wochen ganz fantastisch war, sondern auch die Menschen, die wir treffen. Immer wieder sind es kleine Begegnungen, nette Gespräche, tolle Gesten (die Grenzbeamtin der besten Grenze nach Honduras hat uns nach kurzem Gespräch über unsere Reise eine riesige Melone mit auf die Reise gegeben), die unseren Urlaub zu einem besonderen Erlebnis machen.